2013. július 1., hétfő

Kopftücher



Frauen

Eine zierliche alte Frau tippelt mit schnellen Schritten in einem knöchellangen, braunen Mantel über den Bürgersteig. Ihr Kopf ist umrahmt von einem weißen Kopftuch, kein einziges Haar lugt hervor. Sie läuft gebeugt, ein von ihre Schulter sinkt vor. Es ist möglich, dass sie Osteoporose hat. Sie ist rund halb neun erschienen, ich habe sie schon mehrmals zu dieser Zeit am Frankfurter Tor gesehen. Vielleicht kauft sie ein, kann aber auch sein, dass sie den Laden der Familie irgendwo in dieser Umgebung öffnet. Sie geht eilig, den Blick auf den Boden geheftet, dann verschwindet sie in einer Nebenstraße.  Eine Muslime Frau in Berlin ist ein gewohnter Anblick. Sie scheint müde von der Arbeit. Was können wir wissen von ihr? Sie ist noch in der Türkei geboren. Ihr Mann kam als Gastarbeiter nach Deutschland, sie ging mit ihm. Sie hat Kinder geboren und erzogen, hat den Haushalt versorgt, sie hat hinter der Theke oder zwischen den  Töpfen gestanden, sie hat schwere Taschen, Kisten, die Last des Lebens geschleppt. Sie hat die religiösen Gesetze eingehalten, war ihrem Mann ergeben. Man kann ihre Augen nicht sehen, aber ich stelle mir vor, dass sie traurig sind. Wenn sie nach Hause kommt, sei es am Morgen oder Abend, zieht sie ihre steifen Schuhe aus hat ihre nockene Füße in und schlüpft in weiche Schlappen. Ihre Zehen liegen zufrieden in diesem warmen Nest. Sie kocht Wasser für Kaffee , sie setzt sich eine Minute, dann, wenn der Kessel pfeift und zischend das Zeichen gibt,  dass es Zeit ist, steht sie seufzend wieder auf. Sie hat den billigen, gemahlenen Kaffee abgebrüht, nimmt ihn in das Zimmer für den Alten mit. Sie sitzen  noch ein bisschen am Tisch, vielleicht  reden sie über die Kinder oder die Enkelkinder, aber es ist möglich, dass sie nur schweigen.  Keiner von ihnen spricht aus, was sie seit einiger Zeit beschäftigt: Dass  sie endlich nach Hause zurückkehren sollten.

In der Straßenbahn sitzt mir eine Frau gegenüber, ihr Alter ist schwer zu schätzen, ihr Sohn ist ca. 5 Jahre alt. Das Kind ist lebendig, aufgeweckt, selbstsicher. Sie reden deutsch miteinander. Die Frau trägt eine schwarze Hose, weiße Sportschuhe und einen dunklen Kordmantel. Ihr Kopftuch ist blau. Wahrscheinlich ist sie schon hier geboren worden. Sie könnte die Tochter der alten Frau im braunen Mantel sein. In dem Berliner Bezirk, wo sie vielleicht aufgewachsen ist, sprechen viele Menschen gebrochenes Deutsch. Zuhause und in der Schule  haben sie immer türkisch miteinander gesprochen. Das Kopftuch war ihr nicht fremd, die Nachbarstochter, die Cousine, ihre Freundin trugen es wie sie, die Mutter auch, die ein Vorbild dafür geben wollte, was eine gute muslimische Frau ist. Nun ist die Frau selbst verheiratet, ihr Mann bestimmt für die ganze Familie und sie widersetzt sich nicht. Sie hat sich gefreut, als sie einen Sohn zur Welt brachte, weil sie dafür Bestätigung bekam. Jetzt hat sie den Jungen aus der Kita abgeholt  und sie fahren zusammen nach Hause. Der Kleine macht keine Fehler mehr in der Deklination. Ein Teil der Verwandtschaft hat das Kind noch nie gesehen. Eine Reise in die Türkei, wo die zurückgebliebenen leben, ist recht teuer für sie drei zusammen. Und Zeit haben sie auch nicht so richtig, sie arbeiten viel, um sich das Leben hier zu leisten, dass sie sich erträumen.

Kichernde Teenager in  knappen Jeans und kurzen Tops. Männer lassen ihre Blicke über ihre jungen Körper streifen. Die  in der Mitte erklärt mit breitem Grinsen irgendetwas wichtiges, auch ihre Zahnklammer stört sie nicht beim Schnattern. Ihr Mund steht nicht still, andauernd schütten sich die Mädchen aus vor Lachen. Während sie eine neue Geschichte zum Besten gibt, geht ihre rechte Hand instinktiv zum Kopftuch, sie richtet es, so dass es nicht vollends von ihrem Kopf rutscht. Ihr Top ist nicht bauchfrei, aber einzig die Kleidung unterscheidet sie von den anderen. Sie schwunghaften treiben mit der Menge und ich kann nur spekulieren, welche Kraft dieses Mädchen bewegt, jeden Morgen, in dem letzten Moment bevor sie aus dem Haus tritt, ihre schönen Haare zu verbergen. Wenn sie dann nach der Schule, in ihrer blühenden Jungend wieder über die Schwelle tritt, stelle ich mir vor, dass sie mit einer schnellen Bewegung das Kopftuch herunter reißt, ihre lange schwarzen Locken schüttelt, eine CD einlegt, das Abendessen aufwärmt, sich auf das Bett kauert und zufrieden seufzt: ich bin zu Hause.


Foto: dw.de

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